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Weihnachten ist nah…

… und wir möchten Ihnen in diesen Wochen etwas schenken. Nichts, was man bestellen, testen oder kaufen könnte, sondern ein paar Gedanken über das Schenken. Wir wünschen Ihnen einen zauberhaften, liebevollen Advent!

„Sina, meine liebste Schwester!
Es ist bald Weihnachten und je näher Heiligabend rückt, desto mehr merke ich: ich habe den Stress, Geschenke zu kaufen, satt. Die besten Geschenke sind ohnehin nicht mit Geld zu bezahlen. Aber genau sie bringen Licht ins Leben und bleiben unvergesslich.
Eines meiner schönsten Weihnachtsgeschenke kam von Dir. Weißt Du noch, wie unglücklich ich war, als meine Jugendliebe Piet mich mitten im Advent verlassen hatte und zu seiner neuen Flamme gezogen war? Damals brach der Himmel über mir ein. Ich betrachtete mich morgens im Spiegel und fühlte mich so klein und wertlos, dass ich am liebsten nie wieder einen Fuß vor die Tür gesetzt hätte. Ich ging nicht mehr zur Uni, sondern lag tagelang nur im Bett und weinte. Du hast damals so oft neben mir gesessen und Dir das Ganze angehört. Und eines Morgens, kurz vor Weihnachten, kamst Du in mein Zimmer und sagtest: „Ich habe ein Geschenk für Dich!“ Du hattest aus Goldpapier eine Krone gebastelt, eine Krone, wie sie Kinder am Geburtstag aufgesetzt bekommen. Du hast mir sehr liebevoll die zerzausten, ungewaschenen Haare aus dem Gesicht gestrichen und mir die Krone aufgesetzt. Und dann hast Du ganz ernst zu mir gesagt: „Du bist eine Königin! Für mich bist Du eine Königin.“ Mehr nicht. An diesem Morgen habe ich mich im Spiegel angeschaut und zum ersten Mal wieder lächeln können. Die Krone habe ich übrigens aufbewahrt. Danke dafür, liebste Schwester!
In diesem Jahr bekommst Du „nur“ diesen Brief von mir. Bitte beantworte ihn nicht, sondern schreibe lieber selber einen Brief an jemanden, von dem Du mal ein besonderes Geschenk erhalten hast.

Fröhliche Weihnachten!
Deine Johanna“

„Lieber Ole,
ja, hier schreibt Deine alte „Mathe-Niete“ Sina aus der 9a. Du wunderst Dich sicher, dass ich Dir nach so vielen Jahren mal wieder schreibe, aber eben erhielt ich selber einen Weihnachtsbrief von meiner Schwester. Sie wollte nicht, dass ich ihren Brief beantworte, sondern bat mich, jemandem zu schreiben, der mir, ganz ohne Geld auszugeben, ein tolles Geschenk gemacht hat. Du hast mir einmal ein solches Geschenk gemacht, und dafür möchte ich Dir heute danken.
Du warst doch so super in Mathe und ich habe im Schulbus immer die Hausaufgaben von Dir abgeschrieben. Ich stehe auch noch heute mit Zahlen auf Kriegsfuß, aber eine habe ich mir seit unserer Schulzeit gemerkt: 86.400. Eines Morgens in der Vorweihnachtszeit hast Du diese Zahl auf die beschlagene Scheibe im Bus geschrieben und gesagt: „Stell Dir vor, wir haben heute 86.400 auf dem Konto. Was würdest Du damit machen?“ Ich legte sofort los mit Ideen, was man sich für soviel Geld alles leisten könnte: Kleidung, Schuhe, Reisen, … Und dann fragte ich nach: „Wieso eigentlich 86.400 Euro?“ Da sagtest Du: „Nein, nicht Euro. Kein Geld, sondern Sekunden! Wir alle haben jeden Morgen 86.400 Sekunden auf unserem Zeitkonto. Tolles Geschenk oder? Sollte man nicht verfallen lassen“.
Ja, Ole, du hattest Recht: ein tolles Geschenk! Ich habe diese Zahl nie vergessen und selbst meine Kinder kennen sie schon. Wir schreiben sie immer wieder gern auf beschlagene Fensterscheiben. Sie erinnert uns daran, die Tage bewusst mit Leben auszufüllen. Ich danke Dir für die 86.400 Sekunden und dass du mir vor Augen geführt hast, wie wertvoll unsere Zeit ist! Ich hoffe, du nutzt deine Sekunden jeden Tag und tust etwas, das du liebst. Schreib doch auch mal so einen Dankeschön-Brief an jemanden, es tut unheimlich gut!

Frohe Weihnachten wünscht Dir Deine alte Schulfreundin Sina“

„Lieber Benno,
Eben bekam ich einen handgeschriebenen Brief. Darin hat sich eine alte Schulfreundin für etwas bedankt, das man nicht kaufen kann. Und ich musste sofort an Dich denken, großer Bruder. Du hast mir mal etwas zu Weihnachten geschenkt, das wirklich unbezahlbar war.
Für mich warst du damals, als Mama und Papa sich trennten, der Fels in der Brandung und bist es heute noch. Mit Deinen 16 Jahren warst Du aus meiner Erstklässler-Sicht ja schon fast erwachsen. Kannst Du Dich noch an Deinen Kellnerjob erinnern? Das Restaurant, in dem Du damals ausgeholfen hast, brummte in der Vorweihnachtszeit, und Du hast Dich immer sehr über das üppige Trinkgeld gefreut, das weiß ich noch. Eines Abends floh ich nach einem Streit unserer Eltern zu Dir. Du hattest gerade Pause und hast hinten im Hof eine Zigarette geraucht, als ich weinend angestürmt kam. Es war bitterkalt und ich hatte nicht einmal meine Jacke mitgenommen. Du hast mich mit hineingenommen und mich getröstet. Als Du nach einem Taschentuch suchtest, fiel eine Münze aus Deiner Hosentasche, rollte die alten Holzdielen entlang und verschwand in einer Ritze. Da musste ich lachen und hatte auf einen Schlag meinen Kummer vergessen. Du hast mich lächelnd angesehen, hast in Deine Tasche gegriffen, mir noch eine Münze in die Hand gedrückt und gesagt: „Nochmal!“. Ich ließ die Münze rollen und sie landete wieder in dem Spalt zwischen den Dielen. Schließlich saßen wir beide auf dem Fußboden und haben unzählige Münzen aus Deiner Geldbörse versenkt, bis von Deinem Trinkgeld fast nichts mehr übrig war. Irgendwann hörte der Restaurantbesitzer mein Lachen und Jubeln. Er bot dir an, für heute Feierabend zu machen und mit mir nach Hause zu gehen. Du wickeltest mich in Deine große Jacke und brachtest mich heim. Dein Trinkgeld steckt vielleicht heute noch zwischen den Brettern.
Benno, ich habe Dir das nie vergessen.

Frohe Weihnachten, großer Bruder!
Ole"

Schauen Sie bald wieder vorbei, in der nächsten Woche veröffentlichen wir Teil 2 unserer Weihnachtsbrief-Reihe. Wir freuen uns auf Sie!

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